Dr. Albert Rienhardt
1877 - 1953
Dr. rer. pol. Albert Wilhelm Rienhardt, Universitätssekretär in Tübingen; 1921-1945 Bürgermeister der Stadt Backnang (dessen Ehrenbürger 1952); Stadtschultheiß (1923), Backnanger Landrat Juni 1945,
* Burgstall 10.9.1877, † 1953; .S.d. Markus Friedrich Rienhardt, Gutsbesitzer in Burgstall, u,d, Christine Wilhelmine Rosine Fritz.
oo Stuttgart 6.4.1905 Mathilde Luise Horrmann (* Darmstadt 11.1.1883; T.d. Ernst Friedrich Horrmann, Privatier in Stuttgart, u.d. Emilie Collischou)
Mitglied: 1920 bis 1953 (Gründungsmitglied)
Dr. Albert Rienhardt war während der NSDAP-Herrschaft in Backnang amtierender Bürgermeister. Trotz der Entnazifizierungsregeln der Alliierten ließen ihn die Amerikaner, nach ihrem Einmarsch in Backnang, im Amt.
Er wurde im Jahr 1921 das erste Mal in Backnang zum Bürgermeister gewählt und erreichte bei seiner Wiederwahl am 7. Juni 1931 71,5 Prozent der Stimmen.
Rienhardt war zwar 1926 aus der DDP ausgetreten, dadurch auf dem Papier parteilos, konnte aber trotz dessen die nationalsozialistische Machtergreifung unbeschadet überstehen. Möglich wurde ihm dies einerseits durch eine gute Freundschaft zum NSDAP-Gauleiter von Württemberg, Wilhelm Murr, und andererseits durch seine ausgezeichneten Kontakte zur alten württembergischen Verwaltung. Rienhardt wurde am 20. Juli 1933 vom NS-Regime sogar zum Bürgermeister auf Lebenszeit ernannt.
Im Januar 1935 wurde reichsweit die neue Deutsche Gemeindeordnung (DGO), eingeführt. Diese stärkte Rienhardts Stellung zusätzlich, da die DGO, die vom Gemeinderat wahrzunehmenden Aufgaben, die Gemeinde nach außen hin zu vertreten und verwalten, an den Bürgermeister übertrug. Die Gemeinderäte wurden in Ratsherren umbenannt und hatten nur noch eine Beraterfunktion. In der Bevölkerung genoss Rienhardt zu dieser Zeit noch gutes Ansehen, das er durch soziales Handeln erlangte. Dieses Ansehen sank mit Beginn der Besatzung Backnangs.
1937 trat Rienhardt dann schließlich in die NSDAP ein, da zuvor eine parteiinterne Aufnahmesperre galt. Die restliche Zeit von Hitlers Diktatur verweilte Rienhardt in Backnang als Bürgermeister.
Nachdem am 23. April 1945 Wilhelm Hörger mit der Zustimmung der amerikanischen Militärregierung zum neuen Bürgermeister von Backnang ernannt wurde Rienhardt 'arbeitslos'. Kurz danach wurde Rienhardt zum kommissarischen Landrat ernannt. Er wurde Beauftragter des Landes und besaß somit die höchste Stufe der staatlichen Autorität, da es zu dieser frühen Zeit noch keine zentrale Verwaltung in Deutschland gab.
Seine Ernennung zum Landrat, ließ Rienhardt erst am 8. Juni 1945 verkünden, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon einen Monat als kommissarischer Landrat hatte arbeiten können.
Wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit wurde Rienhardt Ende Juni 1945, Anfang Juli 1945 durch Josef Schäfer, früherer Bürgermeister von Gschwend, als Landrat ersetzt.
"Die soziale Herkunft württembergischer Studenten, die ja in der Regel mehrere Semester in Tübingen studieren mußten, ist von Albert Rienhardt, seit 1902 Universitätssekretär, wissenschaftlich untersucht worden (A. Rienhardt, Das Universitätsstudium der Württemberger seit der Reichsgründung, in: WüJb 1916, S.160-282). Seine Studie reicht von der Reichsgründung bis zum Jahre 1914. Sie wurde 1916 mit Befürwortung von Ferdinand Tönnies, einem Gründungsvater der Soziologie, publiziert" (Quelle 5)
Quellen:
(1) Bild von
(2) leo-bw
(3) Landesbibliographie Baden-Württemberg
(4) Text aus. Veränderung der politischen Kultur, in: Backnang im Nationalsozialismus [online]
(5) Karte 'Rienhardt Albert Wilhelm 1899' vom 9.4.1923 in Bestand Vereinsarchiv K40/11b
(6) Normdaten: GND/1012391248
Verweise:
(a) Martin Biastoch, Tübinger Studenten im Kaiserreich - eine sozialgeschichtliche Untersuchung. Franz Steiner Verlag: 1996, Seite 29.
(b) Rienhardt, Albert (Hrsg), Die Tübinger Studienstipendien und ihre Verwaltungs- und Verleihungsvorschriften nebst Erläuterungen. Tübingen, 1919.
(c) Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, EL 902/3 Bü 732, Spruchkammerakten, Spruchkammer 4 - Backnang (kein Digitalisat)
(d) Thomas Held, Aus den Vereinsakten 1920 bis 2020, Digitale Beilage zu Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde, Band 38 (2020), in: swdb38-01.vfkbw.de