In wenigen Monaten jährt sich zum 150. Mal eines der wichtigsten Ereignisse für die Genealogie in Deutschland. Am 9. Februar 1875 wurde im Reichs-Gesetzblatt 1875, Nr. 4, Seite 23-40 das "Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung" vom 6. Februar 1875 verkündet. Es regelt die reichseinheitliche Schaffung von Standesämtern zum 1. Januar 1876 und der von ihnen zu führenden Personenstandsregister.
Für die Verhältnisse in Baden-Württemberg gibt der Übersichtsartikel zu Personenstandsbüchern in LEO-BW einen Überblick über diese Quellengattung.
Vorreiter im heutigen Baden-Württemberg bei der Einführung der standesamtlichen Personenstandsregister ist das Großherzogtum Baden zum 1. Februar 1870. Rechtsgrundlagen sind
- "Gesetz. Die Beurkundungen des bürgerlichen Standes und die Förmlichkeiten bei Schließungen der Ehen betreffend" vom 21. Dezember 1869 (Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogthum Baden, Jahrgang 1869, Nr. XL, 29. Dezember 1869, Seite 587-606, alternatives Digitalisat)
- "Landesherrliche Verordnung. Die Bestimmung des Einführungstages für das Gesetz über die Beurkundungen des bürgerlichen Standes und die Förmlichkeiten bei Schließungen der Ehen betreffend. Vom 21. Dezember 1869" (Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogthum Baden, Jahrgang 1869, Nr. XL, 29. Dezember 1869, Seite 606-607, alternatives Digitalisat).
Standesbeamte sind die Bürgermeister oder in größeren Gemeinden ein Mitglied des Gemeinderates. Jedes der drei Standesbücher (Geburts-, Ehe- und Totenbuch) wird in zwei gleichlautenden Urschriften geführt, von denen nach Abschluss des Jahres eine bei der Gemeinde verwahrt und eine an das Amtsgericht geschickt wird.
Hohenzollern folgt als Bestandteil des Königreichs Preußen mit der dortigen Einführung zum 1. Oktober 1874. Rechtsgrundlage ist das
- "Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung. Vom 9. März 1874." (Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten, 1874, Nr. 7, 16. März 1874,
Seite 95-109).
Das Königreich Württemberg beschließt erst nach der Verkündung des Reichsgesetzes gesetzliche Regelungen, um die Standesämter und Personenstandsregister zum 1. Januar 1876 einführen zu können. Rechtsgrundlagen sind
- "Gesetz zur Ausführung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung. Vom 8. August 1875" (Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1875, No. 30, 31. August 1875, Seite 463-472).
- "Ausführungsordnung des Bundesraths zu dem Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875; vom 22. Juni 1875" (Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1875, No. 30, 31. August 1875, Seite 473-510).
- "Bekanntmachung der Ministerien der Justiz und des Inneren, in Betreff der Vollziehung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung. Vom 15. September 1875"
(Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1875, No. 32, 4. Oktober 1875, Seite 521-522) - "Nachtrag zu der in Nro. 30 des Regierungsblatts veröffentlichten Ausführungsordnung des Bundesraths zu dem Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875" (Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1875, No. 32, 4. Oktober 1875, Seite 522)
- "Verfügung der Ministerien der Justiz und des Inneren, in Betreff der Vollziehung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung. Vom 20. Dezember 1875" (Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1875, No. 38, 27. Dezember 1875, Seite 585-598).
Für Baden und Hohenzollern wurden mit der Einführung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 Anpassungen der bislang geltenden gesetzlichen Regelungen notwendig:
- "Gesetz zum Vollzuge der Einführung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung. Vom 9. Dezember 1875" (Gesetzes- und Verordnungs-Blatt für das Großherzogthum Baden, Jahrgang 1875, Nr. XXXIV, 13. Dezember 1875, Seite 355-362, alternatives Digitalisat).
- "Verordnung, betreffend die Einführung des dritten Abschnitts und des § 77. des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875. über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung. Vom 14. Februar 1875" (Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten, 1875, Nr. 5, 18. Februar 1875, Seite 93).
Für Württemberg gab es schon seit 1808 eine Besonderheit, die sogenannten Familienregister. Der Übersichtsartikel Familienregister in LEO-BW beschreibt diese Quellengattung. Auf einem Blatt (Doppelseite) wurden die genealogischen Daten eines Ehepaars, einschließlich der Namen ihrer Eltern, und die genealogischen Daten der Kinder aufgelistet. Die Verwaltung wollte hierauf nicht verzichten. Daher wurde als zusätzliche Rechtsgrundlage für Württemberg in Kraft gesetzt:
- "Verfügung der Ministerien der Justiz, des Inneren und des Kirchen- und Schulwesens, betreffend die Fortführung der Familienregister. Vom 26. Februar 1876. (Mit 1 Beilage)" (Regierungs-Blatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1876, No. 8, 7. März 1876, Seite 69-75, Beilage auf Seite 74 und 75).
Heute verwahren die baden-württembergischen Standesämter die Personenstandsregister bis zum jeweiligen Ablauf der Fristen nach § 5 Absatz 5 PStG (110-30-80) in ihren Registraturen. Danach werden die Personenstandsregister jahrgangsweise an die zuständigen Gemeindearchive bzw. Stadtarchive abgegeben, wo sie auch einsehbar sind. Die im "Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Form der Eheschließung. Vom 6. Februar 1875" in § 14 vorgesehenen Nebenregister (Zweitschriften) befinden sich jetzt in den jeweils heute zuständigen Kreisarchiven, wo sie ebenfalls einsehbar sind. Zu den Familienregistern wurden keine Zweitschriften angeordnet.